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Ton? Kamera? Und bitte: Interview mit Prof. Dr. Golo Föllmer

Heute im Interview: Prof. Dr. Golo Föllmer – Professor für Musik und Medien in den Fächern Systematische Musikwissenschaft und Medienwissenschaft


Herr Prof. Dr. Föllmer, seit Oktober 2020 bekleiden Sie an der Uni Halle die Brückenprofessur für Musik und Medien. Was ist für Sie persönlich das Besondere an der Schnittstelle von Medien und Musik?

Zunächst sei gesagt, dass es insgesamt selten ist, dass dieser Forschungs- und Lehrbereich zwischen den Fächern installiert ist. An ein paar wenigen Hochschulen gibt es bereits Versuche hierzu – wie unter anderem in Berlin oder Bonn – aber überall mit einem sehr anderen Zuschnitt. Wir haben hier eine Konstellation, die es wirklich nirgendwo gibt. In der Musikwissenschaft haben wir in Halle die klassisch historische Musikwissenschaft, die Musikethnologie und den Bereich, der früher die systematische Musikwissenschaft mit dem Schwerpunkt der Musikpsychologie war. Und das wird jetzt aus der Musikwissenschaft heraus mit dem Medienbereich kombiniert. Studierende, die sich speziell für den Bereich Musik und Medien interessieren, haben nun die tolle Möglichkeit von wechselseitigen Einflüssen mit unterschiedlichen Gegenständen, Methoden und theoretischen Zugängen zu profitieren: Wer zum Beispiel einen Schwerpunkt in der Musikethnologie setzen möchte, kann sich auch spezielle Expertise in Bezug auf Medien verschaffen. Das heißt, man ist in der Lage sehr interdisziplinär zu studieren und sich in verschiedenen Fächern verschiedene Zugänge zu Aspekten, die Musik und Medien verbinden, zusammen zu stellen.

Für mich liegt es total auf der Hand, dass man den Bereich Musik und Medien in den Blick nimmt. Musik ist heute nicht mehr vorstellbar ohne Medien- beziehungsweise Studiotechnologien, zum Beispiel Digital Audio Workstations (sogenannte DAWs) an denen zum Teil schon Schüler anfangen können ihre Musik zu bauen. Sogar auch da, wo es unplugged heißt, ist das dort Entstehende oft stark durch Studiotechnik überformt.
Und dann geht es ja noch weiter: Musiker distribuieren ihre Produkte heute über (Soziale) Medien oftmals selbst, was früher in der Industrie – irgendwo weit ab von den Musikern – geschah. Und so stellen sich wiederum zahlreiche neue Fragen. Dieser Überschneidungsbereich von Musik und Medien ist also omnipräsent und wird natürlich schon seit einigen Jahren erforscht, aber dann oft ausschließlich aus einer musikwissenschaftlichen Perspektive oder durch die Brille der Medienwissenschaft. Diese beiden Kompetenzbereiche zusammen zu bringen und so auch so studieren zu können, ist meines Erachtens überfällig.


Wie ich gelesen habe, sind Sie freiberuflich als Radioautor tätig. Wie sind Sie dazu gekommen?

Mich mit dem Radio zu beschäftigen habe ich tatsächlich während des Studiums begonnen. 1988 gab es in Berlin einen Studierendenstreik. Während des Streiks haben Kommilitoninnen ein Streik-Radio gegründet und durften jeden Tag eine Viertelstunde bei einem freien Radiosender in Berlin senden. Ab der dritten Sendung war ich mit dabei und habe moderiert, es nach einiger Zeit auch mit geleitet und aktiv Radio gemacht.
Anfang der 1990er Jahre habe ich mich dazu entschieden, für ein Jahr in San Francisco Broadcast Communication Arts mit dem Schwerpunkt Radio zu studieren. Dort hatte ich für ein Semester sogar eine eigene Sendung. Auch das freie Radio hat mich immer total fasziniert. Gegenüber von San Francisco, in Berkeley, befindet sich die Mutter aller freien Radios KPFA - ein Community Powered Radio. KPFA ist ein legendärer linksalternativ geführter Sender, der in einem Staat wie den USA, wo es ja kein öffentlich-rechtliches System im engeren Sinne gibt, wie ein Leuchtturm wirkte und mich sehr faszinierte. Dort habe ich dann ebenfalls mitarbeiten dürfen.
Als ich vor einigen Jahren dann in die Freiberuflichkeit ging, habe ich das Radio zu einem meiner ökonomischen Standbeine gemacht und zwei Mal monatlich eine Sendung moderiert. Bis heute habe ich das in sehr kleinem Format für mich beibehalten, denn mit jeder Moderation lerne ich einen Künstler sehr genau kennen und bekomme so einen tollen Zugang zu neuen und interessanten Gegenständen, den ich sonst so vielleicht nicht haben würde.

 

Was genau hat Ihre Begeisterung für die Studiengänge (Musik- und Kommunikationswissenschaft in Berlin und Broadcast Communication Arts in San Francisco) geweckt?

Ich würde für mich behaupten, ich habe einen etwas eckigen Lebenslauf. Nach der Schule habe ich zunächst erst einmal eine Lehre zum Klavierbauer gemacht. Ich wusste nicht, was ich studieren sollte – ich hatte einfach keine Idee. Doch während der Lehre habe ich gemerkt, dass ich auf jeden Fall studieren möchte, um meinen Horizont zu erweitern. Das Handwerk war eine super tolle Arbeit und ich habe es gerne gemacht, aber ich wollte an der Uni die große Welt kennen lernen – verschiedene Fächer und Menschen aus verschiedenen Ecken.

Eigentlich wollte ich dann Ton-Ingenieur werden, doch das gestaltete sich schwierig. Doch dann habe ich einen „Umweg-Studiengang“ in Berlin gefunden, für den ich allerdings ein zweites Fach brauchte und da dachte ich „Na, Musik ist doch interessant!“. Eigentlich hatte ich also nie die Absicht Musikwissenschaft zu studieren, doch während des Studiums habe ich meine Liebe zur Musikwissenschaft entdeckt, diese zu meinem Hauptfach gemacht und darin schlussendlich auch meine Magisterarbeit geschrieben. Da mich vor allem elektroakustische und experimentelle Musik faszinierte, habe ich in diesem Bereich weiter gearbeitet und in Halle dann auch in der Musikwissenschaft promoviert. Aufgrund eines Seminars über das Hörspiel bin ich 2002 schlussendlich in der Medienwissenschaft gelandet.

 

Haben Sie einen Tipp für Erstsemester?

Lesen Sie!
Leider passiert allzu oft, dass Studierende im Seminar sitzen und den Text nicht gelesen haben. Lesen ist manchmal auch schwer. Man darf sich dann nicht ins Bockshorn jagen lassen und verzweifeln, sondern muss sich sagen: „Ok, ich verstehe vielleicht nicht den ganzen scope, aber wo sagt es mir denn etwas? Wo spricht mich etwas an?“ Studierende verstehen Wissenschaft am Anfang manchmal falsch. Wissenschaft als etwas dort draußen. Wissenschaft entsteht aber dadurch, dass Menschen auf Gegenstände, Methoden und Theorien treffen und dass diese Menschen mit ihren Ideen, ihren Prägungen und Perspektiven darüber diskutieren – also auch jeder einzelne Studierende. Jeder sollte sich selbst ernst nehmen, mit seinen Interessen und dem was er oder sie mitbringt. Und das gilt dann später auch für Hausarbeiten; und insbesondere auch für Bachelor- und Masterarbeiten. Machen Sie etwas, was Sie interessiert, was Sie merkwürdig finden oder bei dem Sie persönlich gerne wissen möchten, wie es funktioniert.

 

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