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„Mein Leben, meine Uni, mein Blog…“

Till Gaßmann

Mach kaputt, was dich kaputt macht!

[Achtung Trigger-Warnung!] Ich bin 25 Jahre alt, arbeite neben dem Studium, mache hin und wieder Sport und hatte bisher eigentlich noch nie großartige gesundheitliche Probleme. Man ist ja noch jung und Krankheiten sind eh nur etwas, was ältere Menschen betrifft. Denkt man vielleicht – bis es einen selbst erwischt.

 

Foto: Till Gaßmann

Foto: Hier siehst du mein Patientenbändchen. Es wird als Mahnmal für dieses Ereignis in mein WG-Album landen, um mich immer daran zu erinnern, dass die eigene Gesundheit nie in Vergessenheit geraten sollte.

Mein Knock-Out

Das Studium kann anstrengend sein. Nicht nur inhaltlich und prüfungsbezogen, sondern auch durch die vielen weiteren persönlichen, als auch materiellen Baustellen, die einen nebenbei so belasten können – die Corona-Pandemie, die Miete, der Nebenjob, die Fernbeziehung, Freunde, Heimweh, Motivationslosigkeit, das ehrenamtliches Engagement, die Hobbies oder einfach der eigene Frust, weil einfach mal nicht alles so klappt, wie man es sich vielleicht vorgestellt hat. Ich selbst musste nach dem Abbruch meines Jura-Studiums 2016 anfangen neben dem Studium zu arbeiten, da das BAFÖG komplett wegfiel. Nicht eine kleine wöchentliche Stundenzahl – nein, ganze 20 Stunden pro Woche, um das Fortsetzen meines Studiums in meinem neuen Studiengang überhaupt finanzieren zu können. Seit fünf Jahren begleitet mich also bereits eine 40-Stundenwoche zusammengesetzt aus Studium und Nebenjob. Manch einer würde jetzt sagen: „Ja, aber später ist das in einem Vollzeitjob nicht anders.“. Dem sei gesagt, ja du hast möglicherweise Recht, dass die Stundenzeit später gleich sein mag, aber dafür musst dich später nebenbei in deiner wenigen Freizeit nicht noch auf Prüfungen vorbereiten bzw. Studieninhalte nacharbeiten und arbeitest sicherlich nicht für einen Stundenlohn, der gerade so am Mindestlohn kratzt und somit dafür sorgt, dass du total abhängig von diesem Job bist, da du sonst in die Gefahr läufst deine Existenz zu verlieren. Vor knapp einen Monat sagte mein Körper dann plötzlich „nein, ich kann nicht mehr“. Mitten auf der Zugfahrt nach Erfurt bekam ich einen Kreislaufzusammenbruch mit einer Panikattacke. Es waren Horrorminuten für mich. Ich spürte einfach an mir selbst, wie ich langsam die Kontrolle über meinen Körper verlor. Gefühlt raste mein Herz, meine Atmung wurde unregelmäßig und ich begann unkontrolliert an den Armen und Beinen zu zittern und bekam es kaum unter Kontrolle. Ich schleppte mich gerade noch so zur Zugtür, wo mich ein netter Herr ansprach und mir half, in dem er mich versuchte zu beruhigen, den Notarzt rief und bei mir blieb, bis mich dieser am Erfurter Hauptbahnhof abholte. Statt meine Freundin wiederzusehen lag ich also im Krankenhaus. Einerseits war ich beruhigt, da es mir subjektiv vermittelte, dass ich nun in sicheren Händen bin – auf der anderen Seite war ich schrecklich nervös, weil ich nicht wusste, was mit mir so plötzlich los war. Im Laufe der nächsten Woche begannen dann die Untersuchungen an meinem Herzen. Als ich am Mittwochvormittag in die Röntgen-Röhre fürs Herz-CT geschoben wurde fühlte ich mich schon fast wie Walter White aus der Serie Breaking Bad als er seine Lungenkrebserkrankung diagnostiziert bekommen hat. Am selben Tag hatte ich dann noch das Gespräch mit dem Oberarzt. Selten war ich so erleichtert in meinem Leben, wie an diesem Tag, als er entwarnte und meinte, dass es sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nur um eine stressbedingte Überreaktion meines Köpers gehandelt hat. Daraufhin habe ich sofort alle Termine vom Job über die Uni bis hin zu meinen Hobbies vorübergehend abgesagt. Ruhe und Zeit für mich haben – das war jetzt das Wichtigste. Erst in diesem Moment merkte ich auch was für eine Last mir von den Schulten viel. Unterschwellig kann einen doch scheinbar mehr belasten als man manchmal denkt.

Es muss sich etwas ändern

Aus diesem Punkt in meinem Leben lerne ich vor allem, dass ich wieder mehr auf mich selbst achten sollte. Ja, Geld für Studium ist wichtig, aber nicht zu jedem Preis. Krank bringt mich das schließlich auch nicht weiter. Ich habe mir daher vorgenommen zukünftig wieder öfter zu etwas „nein“ zu sagen und auch Zeit für mich selbst freizuhalten, in der ich dann wirklich „abschalten“ kann. Dasselbe gilt auch für das Druckempfinden durch Teile unsere Gesellschaft – es ist nicht schlimm für sein Studium länger zu brauchen oder seinen Nebenjob zu wechseln. Wenn dies einen davor schützt kaputt zu gehen, ist es das jederzeit wert! Nimm dir daher die Zeit, die du brauchst. Deine Gesundheit ist wichtiger als jeder schnelle Studienabschluss oder Euro auf deinem Konto. Mach lieber das kaputt, was dich kaputt macht und trenn dich von diesen Dingen, wenn du merkst, dass sie dich kaputt machen. Im Zweifel suche dir Hilfe – von Freunden, Familie oder von Ärzten. Das kann ich dir an dieser Stelle nun aus eigener Erfahrung ans Herz legen!

Von der Universitätsmedizin Halle gibt es übrigens auch das Angebot einer Seelsorge für uns Studierende. Auch an die können wir uns im Zweifel für Hilfe wenden!

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