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„Zwischen Beuys und Banksy“

Isabel Pfeifer

Die Geschichte eines Wunderkindes #Uni-Stories

Ein Blick in die Vergangenheit: Jean-Philippe Baratier wird als „Wunderkind von Schwabach“ bezeichnet und war zu seiner Zeit, mit gerade einmal 14 Jahren, der jüngste Magister-Absolvent in Halle.

Zu sehen ist der Ausschnitt aus einem Kupferstich von Johann Georg Wolffgang nach einem Gemälde von Antoine Pesne. Er zeigt Jean-Philippe Baratier mit der römischen Göttin Minerva.

Foto: Ausschnitt aus einem Kupferstich von Johann Georg Wolffgang nach einem Gemälde von Antoine Pesne. Zu sehen ist Jean-Philippe Baratier mit der römischen Göttin Minerva.

Der 9. März 1735 war ein besonderer Tag an der halleschen Universität. 2.000 Menschen sollen damals eine Disputation an der Philosophischen Fakultät verfolgt haben, die Ausführungen zu insgesamt 14 Thesen, die in der Nacht zuvor noch eilig gedruckt wurden. Das Besondere war nicht nur deren breites Themenspektrum – von Astronomie und Theologie bis hin zu philosophischen Fragen. Es war vor allem das Alter des Vortragenden: Jean-Philippe Baratier war gerade einmal 14 Jahre alt und erst einen Tag zuvor an der Uni immatrikuliert und examiniert worden.

Die Geschichte des „Wunderkindes“, das seinerzeit in der Gelehrtenwelt für enorme Aufmerksamkeit sorgte, wurde in den letzten Tagen wieder häufiger erzählt. Nicht ohne Grund: Sein Geburtstag jährte sich am 19. Januar schon zum 300. Mal.

Im Jahr 1721 wurde Baratier im fränkischen Schwabach als Sohn des Hugenotten-Predigers François Baratier geboren. Bereits mit vier Jahren beherrschte er die deutsche, französische und lateinische Sprache, als Sechsjähriger zudem Griechisch und Hebräisch und wenig später auch Syrisch, Chaldäisch und Arabisch. Fähigkeiten, die insbesondere aufgrund der Netzwerke des Vaters nicht unentdeckt blieben. „Er hat von Anfang an Propaganda für seinen Sohn gemacht“, sagt der Bayreuther Romanist Prof. Dr. Günter Berger, der sich angesichts des Jubiläums in den vergangenen drei Jahren intensiver mit dem Leben Baratiers befasst hat. So habe François Baratier schon einen Artikel über seinen Sprössling in einer fränkischen Regionalzeitung veröffentlicht, als der gerade einmal fünf Jahre alt war. Dank seiner Kontakte zu anderen Hugenotten-Predigern lancierte er zudem Beiträge in der französischsprachigen Zeitschrift „Bibliotèque Germanique“. Dadurch sei bis 1735 in ganz Europa der Name Baratier bekannt gewesen, so Berger. Mit zehn Jahren lernte der junge Baratier als Gast an der Universität Altdorf bei Nürnberg. Bereits als Elfjähriger habe er sein erstes Buch geschrieben, das zwei Jahre später publiziert wurde: eine kommentierte Übersetzung von Reiseberichten des Rabbiners Benjamin von Tudela.

Erstaunter Kanzler

Die Familie Baratier war auf dem Weg nach Stettin, als sie im Frühjahr 1735 in Halle Station machte und Jean-Philippe Baratier mit seinem Vater dem damaligen Uni-Kanzler Johann Peter von Ludewig vorgestellt wurden. Sie unterhielten sich einige Stunden und der Kanzler wurde durch die Gelehrsamkeit des jungen Baratiers derart in Staunen gesetzt, dass er noch am selben Abend beschloss ihn an der philosophischen Fakultät zu examinieren und unentgeltlich promovieren zu lassen. Nach dem Magister-Abschluss reiste die Familie zunächst nach Berlin weiter, wo Baratier einen bedeutsamen Gönner traf: König Friedrich Wilhelm I. Der stattete ihn nicht nur mit finanziellen Mitteln aus, um seine astronomischen Interessen weiterzuverfolgen. Auf Geheiß des Königs konnte die Familie auch nach Halle zurückkehren, wo Baratier mit einem Stipendium Jura studierte und selbst auch Vorlesungen in Astronomie hielt.

Vorschläge für Längengrad-Messung

Ebenfalls im März 1735 wurde Jean Philippe Baratier als jüngstes Mitglied in die Königlich Preußische Sozietät der Wissenschaften in Berlin aufgenommen. Kontakte hatte der junge Gelehrte darüber hinaus zu Akademien in London und Paris, denen er, wie der Berliner Sozietät, seine Lösungen zu einem seinerzeit viel diskutierten naturwissenschaftlichen Problem offerierte – der Bestimmung der Längengrade auf dem Meer. Die als Preisgeld von der Royal Academy London ausgelobten 20.000 Pfund erhielt er allerdings nicht, auch Paris schickte eine freundliche Absage. Dennoch dürfte sich Baratier bis fast an sein Lebensende mit der Frage der Längengrade befasst haben, so Berger. Viel Zeit blieb dem Wunderkind allerdings nicht: Jean Philippe Baratier starb bereits im Alter von 19 Jahren am 5. Oktober 1740 in Halle, vermutlich an Krebs. Beigesetzt wurde er auf Kosten der Universität im Erbbegräbnis des Kanzlers von Ludewig.

Baratier hat neben seinem Erstlingswerk zu Rabbi Benjamin von Tudela unter anderem ein Buch über die Geschichte der römischen Päpste hinterlassen, in Halle hat er ebenfalls zwei Jahre vor seinem Tod ein Werk von Kanzler Ludewig über das Königreich Sizilien übersetzt. „Er hat etliches aber auch nicht mehr publizieren können“, so Günter Berger. 

In seiner Heimatstadt Schwabach soll Baratier, dessen Name über die Jahrhunderte zumindest im deutschsprachigen Raum weitgehend in Vergessenheit geraten war, nun in besonderer Weise gedacht werden. Die Bürgerstiftung der Stadt und die Kommune planen die Einweihung einer Bronzeplastik, die Benennung eines Weges nach ihrem Wunderkind und mehrere Veranstaltungen und Vorträge.

Ich hoffe dir hat diese kleine Universitätsgeschichte gefallen. Den Artikel zum Nachlesen in voller Länge gibt es unter Campus Halensis.

Liebe Grüße

Isabel (:

 

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